In Deutschland erkrankt alle 7,5 Minuten eine Frau an Brustkrebs. Welche Risikofaktoren können den Ausbruch der Krankheit begünstigen? Wie können Frauen vorbeugen? Das wollte jameda von Dr. Schuppert wissen, der sich auf ganzheitliche Krebstherapie spezialisiert hat.
jameda: Forscher suchen seit den 1930er Jahren nach einem Virus, das Brustkrebs auslöst. Die Gerüchte, dass Krebs ansteckend ist und betroffene Frauen zu meiden sind, halten sich seither hartnäckig. Was ist dran an diesem Gerücht? Ist das Brustkrebsvirus mittlerweile entdeckt worden?
Dr. Schuppert: Bei 20 Prozent aller Krebserkrankungen sind zwar Viren im Spiel, aber ein Brustkrebsvirus wurde nicht nachgewiesen. Deshalb ist Brustkrebs keineswegs ansteckend.
jameda: Auch enge Büstenhalter standen lange Zeit unter Verdacht, Krebs auszulösen, weil sie Lymphbahnen behindern sollen. Besteht tatsächlich Grund zur Sorge?
Dr. Schuppert: Krebszellen wachsen besonders gut an Stellen, an denen Sauerstoffmangel herrscht. Wenn nun ein Bügel-BH über mehrere Stunden am Tag und mehrere Jahre hinweg stark auf die Haut drückt, kann die Durchblutung behindert sein. Dann ist das Gewebe anfälliger für Krebszellen. Allerdings sind es immer mehrere Faktoren, die zusammenkommen müssen, damit sich die Krebszellen, die zu hunderten bei jedem Menschen jeden Tag entstehen, tatsächlich zu einem Tumor weiterentwickeln.
jameda: Mittlerweile gibt es immer mehr Kosmetikprodukte mit Aluminium, das ein Risikofaktor für Brustkrebs sein soll. Geht von Deos und Co. tatsächlich eine Gefahr aus?
Dr. Schuppert: Aluminium scheint das Wachstum von Krebszellen zu fördern: Forschungen der Universität London (Prof. Darbre) zeigten, dass sich normale Brustzellen, die im Reagenzglas mit Aluminium versetzt wurden, in Richtung Brustkrebs veränderten. Außerdem tritt Brustkrebs heute vermehrt im oberen äußeren Teil der Brust auf, dem Bereich, der nah an der Achselhöhle liegt. In früheren Jahren entwickelte sich Brustkrebs in allen vier Quadranten der Brust gleich häufig. Ebenfalls ein Anzeichen, dass Deos mit Aluminium schädlich sein könnten.
jameda: Hormonelle Schwankungen beeinflussen das Brustkrebsrisiko: Stillen mindert es, die Einnahme der Anti-Baby-Pille kann es erhöhen. Wie sieht es mit Hormontherapien bei Wechseljahrbeschwerden aus?
Dr. Schuppert: Bei Studien zur Hormontherapie wurden keine naturidentischen Hormone verwendet, sondern Östrogene, die aus Pferdeurin gewonnen wurden und synthetische Gestagene. Diese können das Brustkrebsrisiko erhöhen. Alternativ kann man für die Hormonersatztherapie naturidentische Progesterone aus Yamswurzeln und bioidentische Östrogene verwenden, die nebenwirkungsfrei sind.
jameda: Wie wirken sich pflanzliche Hormone in Lebensmitteln, die sogenannten Phytoöstrogene, aus?
Dr. Schuppert: Phytoöstrogene regulieren den Hormonspiegel und sind zum Beispiel in Soja enthalten, das Brustkrebs vorbeugen soll.
jameda: Stress soll viele Erkrankungen wie beispielsweise Bluthochdruck und Magengeschwüre begünstigen. Kann andauernde Belastung auch das Brustkrebsrisiko erhöhen?
Dr. Schuppert: In unserer Praxis hat sich herausgestellt, dass 60 Prozent der Brustkrebs-Patientinnen vor ihrer Erkrankung starken psychischen Belastungen ausgesetzt waren. Traumata wie Trennungen oder Todesfälle scheinen das Krebsrisiko also zu erhöhen, besonders auch, wenn derartige Erlebnisse zusätzlich bereits in der Kindheit aufgetreten waren. Der ganz normale Alltagsstress wirkt sich jedoch nicht so stark aus.
jameda: Welche Rolle spielt die Ernährung?
Dr. Schuppert: Ich schätze, dass die Ernährung bei 30 bis 40 Prozent der Brustkrebs-Patientinnen eine Rolle spielt. Das ist nicht überraschend, denn schätzungsweise rund 70 bis 80 Prozent der Deutschen ernähren sich ungesund. Sie nehmen zu viel Zucker und tierisches Eiweiß zu sich, was wiederum schnell zu Übergewicht führt. Übergewichtige Frauen erkranken doppelt so häufig an Brustkrebs wie Normalgewichtige. Darüber hinaus führt eine zucker- und eiweißreiche Ernährung zu einer Übersäuerung des Stoffwechsels. In diesem Milieu können sich Krebszellen besonders gut vermehren. Eine basische Ernährung mit viel Obst und Gemüse ist daher anzuraten.
jameda: Angelina Jolie ließ sich beide Brüste abnehmen, weil ihre Mutter an Brustkrebs erkrankte und ihr die verantwortlichen Gene vererbte. Ist die Veranlagung tatsächlich ein so großer Risikofaktor? Und die Amputation der Brüste die richtige Reaktion?
Dr. Schuppert: Äußere Faktoren spielen eine größere Rolle bei der Entstehung von Brustkrebs als die Veranlagung. Ob eine Amputation die richtige Entscheidung ist, hängt von der Patientin ab: Manche fühlen sich dann sicherer, andere passen lieber ihren Lebensstil an, minimieren die Risikofaktoren und nehmen engmaschige Kontrolluntersuchungen wahr.
jameda: Wie sehen diese Kontrollen aus?
Dr. Schuppert: In den Leitlinien ist eine umfangreiche Laboruntersuchung nicht vorgesehen, aber ich halte sie für sinnvoll. Denn es gibt zehn bis 15 Laborparameter, die sich bei Brustkrebs verändern. Eine 3D-Ultraschalldiagnostik ist ebenfalls bei vielen Frauen eine gute Methode zur Vorsorge. Sie ist harmloser als die Mammographie, die mit Strahlenbelastung verbunden ist und manche Tumorherde nicht offenlegt. Ist das Gewebe durchlässiger, kann die Mammographie allerdings im Vorteil sein. Mit ihr lässt sich auch Mikrokalk leichter ausfindig machen.
jameda: Wenn eine Patientin die Diagnose „Brustkrebs“ erhält, welche Therapie steht ihr dann bevor?
Dr. Schuppert: Erhalten Patientinnen eine Brustkrebsdiagnose, ist die Operation die einzig richtige Behandlung. In 80 Prozent der Fälle bleibt dabei die Brust erhalten. Wie die Nachsorge aussieht, sollte die Patientin mitbestimmen: Manche fühlen sich mit einer Chemotherapie am sichersten, um die Bildung neuer Krebszellen zu verhindern. Aber wenn ein kleiner Tumor komplett entfernt wurde, raten wir von einer vorbeugenden Chemotherapie ab, denn auch eine Strahlentherapie ist sehr effektiv und hat weniger Nebenwirkungen. Gibt es Andockstellen im Tumorgewebe, die zu neuen Metastasen führen können, hilft auch eine hormonblockierende Therapie.
jameda: Wie sieht die naturheilkundliche Behandlung aus?
Dr. Schuppert: In der Naturheilkunde versuchen wir, zu verstehen, welche Belastungen zu einer Krankheit geführt haben. Das können auch Elektrosmog, chronische Entzündungen oder Darmstörungen, psychische oder toxische Belastungen sein. Im Prinzip kann alles, was der Gesundheit schadet, den Körper schwächen und verschiedene Krankheiten auslösen. Deshalb versuchen wir, alle Belastungen, unter denen eine Patientin leidet, zu beheben – sei es durch eine begleitende Psychotherapie, eine Ernährungsumstellung oder die Behandlung anderer bereits bestehenden Krankheiten. Diese Ansätze nutzen wir in Ergänzung zu schulmedizinischen Verfahren.
jameda: Vielen Dank für das Interview!
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