Team jameda
Zungen- und Lippenkrebs gehören zu den häufigsten Karzinomarten im Mundbereich. Als Auslöser gelten u. a. Alkohol- und Tabakkonsum sowie eine hohe UV-Belastung bei Lippenkrebs. Werden die bösartigen Neubildungen früh erkannt, bestehen gute Heilungschancen. Die Behandlung richtet sich dabei nach Ausbreitung und Wachstumseigenschaften des Tumors.
Zungenkrebs tritt am häufigsten am Zungenrund auf, entwickelt sich aber auch an der Zungenspitze, am Rand oder dem Zungenbändchen. Die meisten Tumore bestehen aus wuchernden Oberflächenzellen der Schleimhaut (Plattenepithelzellen).
Als Krebsvorstufen gelten Leukoplakien. Diese Hautbereiche werden durch chronische Reizung hervorgerufen, so dass es zu einer lokalen Verhärtung der Mundschleimhaut kommt. Es sind dann weiße, nicht abstreifbare, manchmal erhabene Knötchen im Mund zu sehen. Ausgelöst wird die gutartige Verhornungz. B. durch Zigarettenrauch, Pfeiferauchen, Kautabak und schlecht sitzenden Zahnersatz. Anhaltende Entzündungen aufgrund mangelnder Mundhygiene sowie die Ansteckung mit humanen Papillomviren können ebenfalls zu Zungenkrebs führen.
Erste Symptome eines Zungenkarzinoms sind verhärtete Hautstellen an der Zunge und ein Fremdkörpergefühl. Die Bereiche bluten immer wieder und heilen schlecht. Wird die Wucherung größer, können die Bewegung der Zunge, das Schlucken und Sprechen eingeschränkt sein.
Lippenkrebs entsteht meist an der Unterlippe, oft aus verhornten Krebsvorstufen. Verursacht werden die Hautveränderungen durch Zigarettenrauch, thermische Belastung beim Pfeiferauchen und UV-Strahlung. Krankheitszeichen sind schlecht heilende Wunden, Schmerzen sowie eine knollenartige Verdickung in der Lippe, manchmal treten auf dunkle Flecken auf dem Lippenrot auf.
Halten sich wunde Stellen, Schwellungen und Unebenheiten im Mund und an den Lippen länger als zwei Wochen, sollten Betroffene zum Arzt gehen und die Ursache feststellen lassen.
Leukoplakien werden meist bei einer zahnärztlichen Untersuchung entdeckt. Sind die Hautveränderungen klein, homogen und flach, werden sie zunächst regelmäßig kontrolliert. Sie können sich zurückbilden, wenn Patienten schädigende Faktoren wie Rauchen und UV-Belastung meiden. Größere oder inhomogene Leukoplakien sowie Geschwüre und Knoten werden durch Abstriche oder Gewebebiopsien auf maligne Zellen untersucht.
Wie bei allen Krebsarten sind auch bei Zungen- und Lippenkrebs die individuellen Tumoreigenschaften ausschlaggebend für die Therapie. So wird über das sogenannte Grading die Differenzierung der Tumorzellen angegeben. Je unähnlicher die Krebszellen den ursprünglichen Hautzellen sind, desto aggressiver der Krebs.
Das Entwicklungsstadium des Tumors wird durch das sogenannte Staging ermittelt. Hier fließen die Größe des Geschwürs, der Lymphknotenbefall und die Metastasierung mit ein.
Operation bei Tumoren ohne Metastasen
Hat der Tumor noch nicht in andere Organe gestreut und ist er grundsätzlich entfernbar, wird er in einer Operation herausgenommen. Je nach Größe der Wunde und Ausmaß der anatomischen Veränderungen an den Lippen oder in der Mundhöhle folgt eine Rekonstruktion des Gewebes. Dabei kann körpereigenes Gewebe wie Haut oder Muskeln verpflanzt werden, um die Form und Funktion von Lippen und Mundhöhle zu erhalten.
Konnte der Tumor nicht vollständig entfernt werden oder sind Lymphknoten befallen, schließen sich an die Operation eine Bestrahlung an, eventuell in Kombination mit einer Zytostatikabehandlung.
In der Regel wird eine Lymphknotenausräumung (neck dissection) im Bereich zwischen Schädelbasis und Eingang des Brustkorbs vorgenommen. Dabei werden sicherheitshalber nicht befallene Lymphknoten auf der Seite des Tumors entfernt. Befallenes Lymphgewebe wird vollständig entnommen, in bestimmten Fällen ist auch die Entfernung benachbarter Gewebestrukturen wie Muskeln, Bindegewebe, Nerven, Speicheldrüsen und Blutgefäße nötig.
Bestrahlung von innen oder außen
Die Bestrahlung des Tumors kann als alleinige Maßnahme oder in Kombination mit einer Operation oder Chemotherapie eingesetzt werden. Dabei trifft ionisierende Strahlung auf das Krebsgewebe, sie schädigt das Erbgut der Krebszellen und verhindert so ihr Wachstum. In einem individuellen Bestrahlungsplan wird die Art, Stärke und Dauer der Bestrahlung von spezialisierten Ärzten ausgearbeitet. Ziel ist es, den Tumor möglichst intensiv zu bestrahlen und gleichzeitig das gesunde Gewebe zu schonen. Dazu eignet sich bei Tumoren im Kopf-Halsbereich die Methode der intensitätsmodulierten Bestrahlung (IMRT).
Hier wird von außen durch die Haut bestrahlt, dabei können Stärke und Richtung der Strahlung so variiert werden, dass der Krebs kontinuierlich hoch und benachbartes Gewebe gering bestrahlt wird.
Damit sich geschädigte gesunde Zellen über ihr eigenes Reparatursystem wieder erholen können, führt man die Bestrahlung in täglichen niedrigen Einzeldosen über mehrere Wochen durch. Ist der Tumor klein und gut erreichbar, kann ein Implantat eingesetzt werden, das Strahlung aus kurzer Distanz auf den Tumor abgibt (Brachytherapie). Auch befallene Lymphknoten können bestrahlt werden.
Eine Chemotherapie zur Heilung von Zungen- und Lippenkrebs wird nur in Kombination mit einer Strahlentherapie oder Operation eingesetzt, eine alleinige Gabe von Zytostatika dient zur Linderung.
Es stehen Zytostatika verschiedener Wirkstoffklassen zur Verfügung, die die Zellvermehrung des Tumors auf unterschiedliche Weise hemmen. So werden Wirkstoffe in Kombination verabreicht, um Krebszellen in allen Entwicklungsstadien zu bekämpfen. Da auch hier gesunde Zellen mitangegriffen werden, treten Nebenwirkungen auf. Zytostatika können außerdem mit einem Antikörper kombiniert werden, der an Strukturen der Krebszellen andockt und so das Tumorwachstum hemmt.
Wie nach jeder Operation können auch nach der Entfernung von Zungen- oder Lippenkrebs Wundschmerz, Schwellungen, Blutungen und Infektionen auftreten. Je nach Größe und Lage des entfernten Gewebes ergeben sich anatomische Veränderungen, die kurz- oder längerfristig zu Schwierigkeiten beim Kauen, Schlucken, Sprechen und Atmen führen können. Auch ein verändertes Aussehen durch Verlust von Teilen der Lippen sind Folgen einer OP.
Wurden einzelne Lymphknoten mitentfernt, treten Schwellungen im Halsbereich durch gestaute Lymphflüssigkeit auf. Nach einer umfangreichen Lymphausräumung, bei der weitere Gewebestrukturen entfernt wurden, können Nervenschädigungen und Bewegungseinschränkungen zurückbleiben.
Patienten werden im Zuge der OP-Nachsorge mit Schmerzmitteln und gegebenenfalls Antibiotika behandelt. Bei starken Einschränkungen können eine künstliche Ernährung und Beatmung durch einen Luftröhrenschnitt nötig sein. Gestaute Lymphgefäße werden durch Lymphdrainage entlastet und Logopäden und Physiotherapeuten helfen Patienten, ihre früheren Fähigkeiten wiederzuerlangen. Lücken im Gewebe werden entweder direkt nach der Operation oder in späteren Eingriffen möglichst wiederhergestellt.
Bestrahlung führt zu einer Entzündung der Mundschleimhaut (Mukositis), die sehr schmerzhaft sein kann. Auch Speicheldrüsen und Geschmacksknospen können durch die Behandlung zerstört werden, so dass Mundtrockenheit, Schluckbeschwerden und Geschmacksstörungen auftreten. Zur Befeuchtung dienen hier regelmäßiges Trinken und künstlicher Speichel. Lokalbetäubende, desinfizierende Spüllösungen wirken außerdem gegen Schmerzen und Infektionen.
Betroffene Patienten müssen eine gründliche Mundhygiene betreiben und sich umfassend zahnärztlich betreuen lassen, um Zahnfleischrückgang und Zahnverlust zu vermeiden. Die Bestrahlung verursacht Hautschäden im Hals- und Gesichtsbereich, die Haut wird trocken, dünn und wund. Zur Pflege eignen sich hier milde seifenfreie Waschlotionen und rückfettende, gegebenenfalls wundheilungsfördernde Cremes.
Um die zytostatikabedingten Nebenwirkungen Übelkeit und Erbrechen zu verhindern, erhalten Patienten schon vor Beginn der Behandlung Medikamente gegen die Beschwerden. Da die Darmschleimhaut, wie auch die Mundschleimhaut, durch die Zytostatika angegriffen wird, kann es auch zu Durchfällen kommen. Sie werden medikamentös behandelt, Patienten müssen hier auf eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme und Schonkost achten.
Krebserkrankungen führen, auch aufgrund der Behandlung, oft zu Gewichtsabnahme, extremer Müdigkeit und geschwächten Abwehrkräften. Zur Krebstherapie gehören deshalb die Überwachung des Körpergewichts und der Werte des Immunsystems. Bei Bedarf nehmen Patienten hochkalorische Flüssignahrung zu sich. Um die Gefahr einer Infektion zu minimieren, muss die Umgebung des Patienten besonders rein gehalten werden.
Die Prognose des Lippen- und Zungenkrebses hängt vom Ort, der Ausbreitung und den Wachstumseigenschaften des Tumors ab. Wird er früh entdeckt, sind die Heilungschancen gut. Hat der Tumor schon in andere Organe gestreut, ist die Lebenserwartung deutlich vermindert. Durch regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt lassen sich Leukoplakien erfassen, ihre frühzeitige Entfernung kann die Entstehung von Karzinomen verhindern.
Berufsverband der Deutschen Hals-Nasen-Ohrenärzte
Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie
Deutsche Krebshilfe
Krebsliga Schweiz
Deutsches Krebsforschungszentrum
Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums
Deutsche Krebsgesellschaft
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