Artikel 02/03/2021

Bessere Prognose beim metastasierten Nierenzellkarzinom: Neue Studienergebnisse

Priv.-Doz. Dr. med. Nils Kröger Urologe, Tumormedizin
Priv.-Doz. Dr. med. Nils Kröger
Urologe, Tumormedizin
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Anfang Februar 2021 fand zum ersten Mal in komplett virtueller Form der Jahreskongress der amerikanischen Krebsgesellschaft zur Behandlung urologischer Tumoren (ASCO GU) statt. Auf dem Kongress wurden Ergebnisse von einer ganzen Reihe von Studien vorgestellt, die die therapeutischen Standards in der Therapie urogenitaler Tumoren maßgeblich beeinflussen werden.

Mit welcher Form von Krebs befasst sich die Studie?

Die Clear Studie erweitert das Spektrum in der ersten Therapielinie des metastasierten klarzelligen Nierenzellkarzinoms

Das sogenannte klarzellige Nierenzellkarzinom ist die häufigste Form des Nierenkrebses. Dieser Tumor wurde im metastasierten Zustand bis Ende der 2000er Jahre mit einer infausten (ungünstigen) Prognose und einer mittleren Lebenserwartung von lediglich 10 Monaten assoziiert. In den vergangenen Jahren konnten neue Therapieformen die Überlebenszeit bei guter Lebensqualität jedoch grundlegend verbessern.

Neue Therapiemöglichkeiten in der Krebsbehandlung

Auf dem Kongress der ASCO GU wurden nun die Daten der sogenannten Clear Studie vorgestellt. Diese Studie verglich eine bis dato Standardtherapie (Sunitinib) mit zwei Wirkstoffkombinationen in der ersten Therapielinie des metastasierten Nierenzellkarzinoms. Bei der einen Wirkstoffkombination handelt es sich um zwei Tabletten (Lenvatinib & Everolimus), die bisher bereits in späteren Therapielinien eingesetzt wurden. Die zweite Wirkstoffkombination besteht aus dem über die Vene applizierten Immuntherapeutikum Pembrolizumab und dem in Tablettenform verfügbaren Lenvatinib.

Robert Motzer vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York, USA und Kollegen zeigten in dieser Studie eine hoch signifikante Verbesserung des Überlebens mit stabiler Erkrankung. Das heißt, dass der Zeitraum, in dem die vorhandenen Metastasen nicht gewachsen sind und auch keine neuen Metastasen aufgetreten sind (progressionsfreies Überleben), durch die beiden zuvor genannten Wirkstoffkombinationen maßgeblich verlängert wurde.

Darüber hinaus konnte die Wirkstoffkombination aus Lenvatinib und Pembrolizumab das Gesamtüberleben der Patienten hoch signifikant verbessern.

Welche Patienten wurden in der Studie untersucht?

In die Studie wurden vorwiegend Patienten einbezogen, die an einem klarzelligen Nierenzellkarzinom erkrankt waren.

Diese Patienten wurden hinsichtlich ihres Risikos für ein frühzeitiges Versterben in drei Risikogruppen (gute, intermediäre und schlechte Prognose) eingeteilt, entsprechend der Klassifikation des International Metastatic Renal Cell Carcinoma Database Consortiums (IMDC). Die Studie konnte zeigen, dass die Kombination aus Lenvatinib und Pembrolizumab das progressionsfreie Überleben über alle drei Risikogruppen hinweg signifikant verbessert.

Welche Ergebnisse konnten gesammelt werden?

Bei der Betrachtung der Risikogruppen in Bezug auf das Gesamtüberleben fällt auf, dass sich der beobachtete Überlebensvorteil mit der Kombination aus Lenvatinib und Pembrolizumab vornehmlich aus den Gruppen mit intermediärer und schlechter Prognose speist.

Bei Patienten mit einer guten Erkrankungsprognose konnte diese Wirkstoffkombination bisher keine Verbesserung des Gesamtüberlebens belegen. Dies war auch schon bei allen anderen bisher neu untersuchten und bereits zugelassenen Wirkstoffkombinationen der Fall. In der Patientengruppe mit einer guten Erkrankungsprognose bleibt die klassische Monotherapie in Tablettenform daher weiter eine Behandlungsoption.

Zusammenfassend wird die Kombination aus Lenvatinib und dem sehr modernen Immuntherapeutikum Pembrolizumab die Therapie des metastasierten klarzelligen Nierenzellkarzinoms weiter verbessern. Hierfür muss die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) nach Prüfung aber erst noch eine Zulassung erteilen.

Update der Checkmate-9ER-Studie

Darüber hinaus gibt es eine weitere therapeutische Option in der Therapie des metastasierten klarzelligen Nierenzellkarzinoms.

Bereits im vergangenen Jahr hatte die Gruppe um Motzer und Kollegen vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center aus New York, USA gezeigt, dass eine Kombination aus dem Immuntherapeutikum Pembrolizumab und Cabozantinib gegenüber der bisherigen Standardtherapie mit Sunitinib beim metastasierten klarzelligen Nierenzellkarzinom überlegen ist.

Auf dem jetzt durchgeführten ASCO GU Kongress wurde ein Update dieser Studie präsentiert. Hier konnte auch mit einem deutlich längeren Nachbeobachtungszeitraum gezeigt werden, dass die Kombination aus Cabozantinb und Pembolizumab sowohl den Zeitraum der Krankheitsstabilisierung (progressionsfreies Überleben) sowie des Gesamtüberlebens und die objektiv nachweisbare Ansprechrate im Vergleich zu Sunitinib verbessert.

Darüber hinaus konnte in der aktuellen Studie gezeigt werden, dass der Einsatz der Kombination aus Cabozantinib und Pembrolizumab einen günstigeren Erkrankungsverlauf bei Patienten bewirkt, deren Tumoren sogenannte sarkomatoide Anteile haben.

Auch für die Kombinationstherapie aus Pembolizumab und Cabozantinib wurde bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) eine Zulassung beantragt. Zusammenfassend sollte bei der Therapie des metastasierten klarzelligen Nierenzellkarzinoms bei Patienten mit guter Erkrankungsprognose in der ersten Therapielinie, bis auf wenige Ausnahmen, nunmehr zwingend eine Kombinationstherapie eingesetzt werden.

Die Studie der South Western Oncology Group (SWOG) setzt einen neuen therapeutischen Standard in der Therapie des metastasierten papillären Nierenzellkarzinoms.

Auch wenn die Diagnose Nierenzellkarzinom (Nierenkrebs) für den einzelnen Patienten zunächst immer gleich klingen mag, ist es für die Erkrankungsprognose doch sehr wichtig, zwischen den einzelnen Formen des Nierenzellkarzinoms zu unterscheiden. Die Haupttypen des Nierenzellkarzinoms sind das sogenannte klarzellige Nierenzellkarzinom (häufigste Form), das papilläre und das chromophobe Nierenzellkarzinom. Die Einteilung erfolgt nach Kriterien, die durch den Pathologen festgelegt werden.

Da das klarzellige Nierenzellkarzinom der häufigste Subtyp ist, sind fast alle zugelassenen medikamentösen Therapien vor allem in dieser Patientengruppe getestet worden. Die bisher eingesetzten Therapien sind entsprechend der Tumorbiologie aber nur bedingt für den Einsatz bei den sehr viel selteneren papillären und chromophoben Tumoren geeignet. Hier wurde jetzt mit sehr viel Aufwand und über einen langen Zeitraum eine Studie speziell nur für papilläre Nierenzellkarzinome durchgeführt.

Sumanta Pal und Kollegen aus der Klinik City of Hope Duarte bei Los Angeles präsentierten auf dem ASCO GU Kongress Ergebnisse einer Studie, die drei verschiedene Medikamente im Vergleich zu der bisherigen Standardtherapie Sunitinib untersuchten. Das Besondere an den untersuchten Medikamenten war, dass sie im Gegensatz zu der bisherigen Standardtherapie speziell Ziele angreifen, die der besonderen Tumorbiologie des papillären Nierenzellkarzinoms gerecht werden.

Die Autoren konnten in ihrer Studie zeigen, dass das Medikament Cabozantinib im Vergleich zu dem bisherigen Standardpräparat Sunitinib den Zeitraum verlängern konnte, in dem die vorhandenen Metastasen nicht gewachsen sind und es nicht zum Auftreten neuer Metastasen kam. Ärzte bezeichnen dies als eine Verlängerung des progressionsfreien Überlebens.

Ebenso schrumpften durch das Medikament Cabozantinib bei signifikant mehr Patienten Metastasen. Das heißt, es konnte objektiv gezeigt werden, dass die Therapie aktiv gegen die vorhandenen Metastasen des papillären Nierenzellkarzinoms wirkt.

Cabozantinib kann nach den Ergebnissen dieser Studie als ein neuer Therapiestandard für das metastasierte papilläre Nierenzellkarzinom angesehen werden. Insgesamt muss aber festgehalten werden, dass sich die Prognose für alle Patienten mit einem nicht-klarzelligen Nierenzellkarzinom in den vergangenen Jahren nicht so deutlich verbessert hat, wie dies bei den klarzelligen Nierenzellkarzinomen der Fall ist, weil es zu wenige geeignete Therapien gibt.

Quellen:

  1. J Clin Oncol 39, 2021 (suppl 6; abstr 269)
  2. J Clin Oncol 39, 2021 (suppl 6; abstr 270)
  3. J Clin Oncol 39, 2021 (suppl 6; abstr 308)

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