Artikel 05/01/2018

Arthrose & Arthritis - auch am Steißbein?

Dr. med. Peter Konrad Sigg Orthopäde & Unfallchirurg
Dr. med. Peter Konrad Sigg
Orthopäde & Unfallchirurg
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Eine kleine unbedachte Fehlbewegung, ein falsches Anheben und schon wieder ein „Hexenschuss“, eine schmerzhafte ISG-Blockade im unteren Rücken. Ist die Ursache dauerhaft behoben, wenn die „Blockade gelöst“ ist?

Was ist die Ursache einer ISG-Blockade?

Die wohl häufigsten Ursachen einer ISG-Blockade tief im unteren Rücken sind oft schon minimale Reizungen der Kontakte des Kreuzbeins mit den Darmbeinen und dem Steißbein. Sie lösen eine spastische Reaktion des Piriformismuskels aus, der tief im Po sitzt. Ein spastischer Krampf im Piriformis tut extrem weh - noch sehr viel mehr als etwa ein Wadenkrampf.

Wie kann die ISG-Blockade auch Ischias verursachen?

Der spastische verhärtete Piriformis tut nicht nur selbst extrem weh, er kann auch den Ischiasnerv am Austritt aus dem Becken massiv einklemmen. Wenn diese „ISG-Blockade“ immer wieder gelöst wird, können die iliosakrale Knochenspalte und das Steißbein immer instabiler werden und so immer empfindlicher reagieren. Bei Arthrose und Arthritis im ISG und am Steißbein reagiert der Piriformismuskel immer schneller mit heftigen Spasmen und Einklemmungen des Ischias.

Kann man eine ISG-Blockade auch im Kernspin sehen?

Erst wenn die Muskeln wiederholt gezerrt und überreizt sind, zeigen sich schließlich durch Arthritis und Arthrose Veränderungen im Kernspin und in der Computertomografie. Wie beim ISG-Rheuma können in einem MRT oder CT die Überreizungen sichtbar gemacht werden. Röntgenaufnahmen lassen die Vorgänge erst viel später, oft zu spät sichtbar werden.

Nächtliche tiefe Rückenschmerzen und ständige ISG-Blockaden sollte ein möglichst erfahrener Iliosakralspezialist abklären. Er verfügt über spezielle Erfahrungen in der Rheumatologie und biologischen Schmerztherapie. Daher kann er die arthrotisch-arthritisch-rheumatisch verklebten Faszien des unteren Rückens, Arthrose und Arthritis des Steißbeins, der Kreuzdarmbein- sowie der Hüftgelenke analysieren und zu gezielten Therapien raten.

Welche Rolle spielt das Steißbein des Menschen?

Das Steißbein des Menschen ist zwar ein nur sehr kleiner, kümmerlicher Rest eines im Tierreich oft sehr stattlich entwickelten Schwanzes. Wie bei den Tieren ist diese Region auch beim Menschen sehr eng mit dem körpermittigen und seelischen Gleichgewicht verbunden.

Steiß- und Kreuzbein bilden zusammen das Ur-Zentrum des unteren Rückens, des Beckens und der Beine. Sie sind besonders wichtige Sensoren für die innere Körperspannung und für das Gleichgewicht zwischen den Hüften. Zugleich sind sie Schutzschilde für die extrem wichtigen Nervenzentren und -bahnen unserer eigentlichen Körpermitte. Die Organe im Unterleib und im Bauchraum und sämtliche Stabilisatoren der Körpermitte auf beiden Beinen sind eng mit den Sensoren und Nervenzentren des Kreuz- und Steißbeins verbunden.

Welche gezielten Behandlungen sind an ISG & Steißbein möglich?

Rücken und Ischias müssen näher analysiert werden. Erst dann kann gegebenenfalls auch komplex behandelt und spezifisch rehabilitiert werden.

Selbst Abweichungen des Wirbelsäulen-Mittel-Lotes haben ihre Ursache nicht immer in einem Längenunterschied der Beine. Viele Menschen haben das Gefühl, als würden sie nicht mehr richtig im Lot stehen. Sie fühlen sich innerlich verschoben oder verzogen und zeigen bei der Untersuchung eine „variable Beinlängendifferenz“. Arthrose, Arthritis, Rheuma, Bindegewebsschwäche oder weitere anatomische Pathologien an ISG und Steißbein sollten aber auch bekannt sein, um den inneren Halt wiederherstellen zu können.

Schmerzmittel, milde Wärme, Massagen und intensive Dehnungen sind bei wiederkehrenden ISG-Blockaden mit Piriformis-Spasmen und Ischias kaum noch ausreichend.

Bildgesteuerte Testspritzen mit einem Neuraltherapeutikum oder der kleinsten Menge einer entzündungshemmenden Substanz können die Erkrankung oft schon mit einem erstaunlich lang anhaltenden Effekt klären. Die Injektion in das ISG ist ohne Bildkontrolle sehr unsicher, da das Gelenk selbst, die mächtigen ISG-Faszien und das zarte Steißbein nicht als Ursache einer ISG-Blockade mit verhärtetem Piriformis unterschieden werden können.

Diese Therapien können helfen

  1. Biologisch sanft beruhigende Substanzen aus der alternativen Medizin, die die Regeneration fördern, können gezielt in ISG, ISG-Faszien sowie an Steißbein und Imparganglion gegeben werden.
  2. BonNT sind nachhaltig krampflösende, örtlich wirksame Biosubstanzen, die CT-gesteuert gezielt und langanhaltend chronische Piriformisspasmen lösen können.
  3. BoNT-Substanzen können auch bei den so häufigen Piriformis-Spasmen durch Infusionen direkt in die Blutbahn gegeben werden und zu erstaunlich guten Resultaten führen.
  4. Auch tiefenentspannende Maßnahmen wie das über die Atmung regulierende HRV-Training  können die Wirkung solcher Interventionen langfristig weiter verbessern und dabei helfen zu stabilisieren.
  5. Manchmal können bioidentische Hormone, spezielle Psycholytika und Substanzen, die den Vagusnerv stimmulieren, dabei helfen, die innere Überspannung wieder zu normalisieren.
  6. Gezielt eingesetzte Stoßwellen, schonende physikalische Energien wie niederenergetisches Laserfarblicht und gepulste oder konstant emittierte Radiofrequenzwellen sind neue, minimalinvasive Therapieoptionen.
  7. Verklebungen und Vernarbungen am ISG und Steißbein können heute anatomisch exakt entfernt werden.
  8. Bei Immunrheuma müssen Rheumatologen darüber entscheiden, welche Rheumamedikamente eingesetzt und wegen deren Nebenwirkungen überwacht werden sollten.
  9. Ein ergänzendes, individuell konzipiertes, konsequentes Trainingskonzept ist unabdingbar. Bandscheibe, ISG, Steißbein, Piriformis/(Ilio-)Psoas und tiefe Faszien sollten z.B. nach einer sensomotorischen 4D-Analyse „Schritt für Schritt“ wieder rehabilitiert werden.

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