Team jameda
Ein großer Teil meiner Gäste leidet unter Angststörungen in Form von allgemeinen Ängsten, Phobien, Panikattacken oder generalisierten Angststörungen häufig in Kombination mit depressiven Symptomen.
Als Phobien bezeichnen wir Angstzustände, die an bestimmte Objekte oder Situationen gebunden sind, zum Beispiel Altophobie (Höhenangst) oder Arachnophobie (Spinnenangst). Bei Panikattacken lässt sich in der Regel kein solches die entsprechenden Symptome auslösendes Ereignis oder Objekt identifizieren. Von einer generalisierten Angststörung betroffene Menschen leben ständig in der Befürchtung, dass irgendetwas Schlimmes passieren wird.
Nicht jede Angst ist gleich eine Phobie oder Panikattacke. Erst wenn durch Angst dauerhaft Kontrollverluste, eine Beeinträchtigung der Lebensqualität, Einschränkungen bezüglich der Lebensgestaltung oder Teilnahme am normalen sozialen Leben entstehen, sprechen wir von einer Angststörung.
Da nicht jeder Betroffene den Weg zum Arzt oder Therapeuten findet, sind genaue Zahlen schwer zu recherchieren. Es ist jedoch davon auszugehen, dass Angsterkrankungen bei bis zu 20 Prozent der Bevölkerung auftreten.
Das Gefühl
Angst ist ein Gefühl wie Freude, Trauer, Wut, Begeisterung, Aggressivität, Unruhe, Gelassenheit oder Enttäuschung. Etwas also, was wir wahrnehmen können. Das Angstgefühl nehmen wir in Situationen wahr, die von uns als bedrohlich empfunden werden. Dabei kann es sich um eine akute oder auch um eine erwartete oder befürchtete Bedrohung handeln.
Die Alarmanlage
Die Evolution hat uns mit der Angst eine Art ‘Alarmanlage’ geschenkt, die dafür sorgen soll, dass wir unsere Position am Ende der Nahrungskette möglichst unbeeinträchtigt wahrnehmen können. Ich will an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, dass diese Position meist gefährdete Arten innehaben, aber das ist ein andere Geschichte. Diese ‘Alarmanlage’ soll uns also in die Lage versetzen im Falle einer realen oder fiktiven Gefahr ein der Situation angemessenes Verhalten (z. B. Flucht, Erstarrung, Angriff oder Unterordnung) zu zeigen.
Ein Rückblick
Vor annähernd zwei Millionen Jahren robbte eine Gruppe Frühmenschen durch das Gras einer prähistorischen Savanne, auf der Jagd nach dem erhofften Abendessen. Einer der Jäger streckt den Kopf empor und blickt plötzlich in das zarte Antlitz eines Säbelzahntigers oder irgendeines anderen, zu dieser Zeit verbreiteten Raubtiers. Eine - auch für einen gestandenen Menschen unseres Zeitalters - nicht einfache Situation.
Mit Erstarrung oder Unterordnung wäre seine angestrebte Position am Ende der Nahrungskette mit hoher Wahrscheinlichkeit kurze Zeit später hinfällig. Was geschieht stattdessen im Körper des Jägers nach dem ersten Schock?
Die Pupillen weiten sich, die Seh- und Hörnerven werden empfindlicher, was augenblicklich die Aufmerksamkeit erhöht. Die Herzfrequenz und der Blutdruck steigen schlagartig an, die Blutgefäße der Haut und der inneren Organe verengen sich, was die Durchblutung der arbeitenden Muskulatur verbessert.
Die Gerinnungsfähigkeit des Blutes wird erhöht, um Wunden schneller schließen zu können. Das Bronchialsystem erweitert sich, die Atmung wird schneller, wodurch die Sauerstoffsättigung im Blut ansteigt.
Energiereserven aus Fett und Zucker werden im Organismus bereitgestellt und freigesetzt, was eine erhöhte Muskelanspannung und höhere Reaktionsgeschwindigkeit ermöglicht.
Die Blasen-, Darm- und Magentätigkeit wird gehemmt.
Es werden im Schweiß Moleküle abgesondert (Angstgeruch), welche die anderen Jäger in Alarmzustand versetzen.
Das Ergebnis: Der Jäger und seine Gefährten ergreifen die Flucht oder sie greifen mit Keule oder Speer an, um das Raubtier zu verjagen oder zu töten. Das Ganze dauert von der Wahrnehmung bis zur Reaktion nur Sekundenbruchteile. Möglich wird dies durch einen Cocktail aus verschiedenen Neurotransmittern (Botenstoffe, Hormone) wie Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin, Kortisol und so weiter, die auf ein Signal des limbischen Systems ins Blut ausgeschüttet werden, um den Körper auf eine kurzfristige Höchstleistung (Flucht oder Angriff) vorzubereiten.
Nun haben wir - meiner natürlich sehr subjektiven Einschätzung zufolge - in der heutigen Phase unserer Existenz eher selten mit Säbelzahntigern oder anderen prähistorischen Beutejägern persönlichen Kontakt. Auch sind in unseren Breiten Stammeskämpfe oder Duelle um Nahrung, Kleidung, Behausung, Weibchen oder irgendwelche Prestigeobjekte selten geworden. Ich lasse in diesem Zusammenhang die Saisonschlussverkäufe des Textileinzelhandels und die Teilnahme höher entwickelter Primaten am öffentlichen Straßenverkehr einmal außer Acht. Aus ‘zivilisatorischer’ Sicht besteht für die Existenz dieser ‘Alarmanlage’ in der heutigen Zeit also kaum noch eine Notwendigkeit.
Leider haben der Hirnstamm (auch als Reptilienhirn bezeichnet) und der Hypothalamus (er entstand in der Zeit der Entwicklung der Säugetiere), welche als übergeordnete Zentren unseres vegetativen Nervensystems maßgeblich an diesen Vorgängen beteiligt sind, dies noch nicht bemerkt. Sie gehören zu den ältesten Regionen unseres Gehirns und sind nicht ‘lernfähig’, wie zum Beispiel unser Großhirn, das sich seit seiner Entstehung kontinuierlich weiterentwickelt hat. Wenn Sie so wollen, gab es in diesem Teil unseres Gehirns in den letzten paar Millionen Jahren kein Hardware- oder Software-Update.
Die Fehlalarme
Dies hat zur Folge, dass unsere ‘Alarmanlage’ zwar bis zum heutigen Tag mit hoher Empfindlichkeit hervorragend funktioniert, jedoch auch in Situationen anschlägt, in denen wir nicht mit unsere körperliche Unversehrtheit gefährdenden Ereignissen konfrontiert werden. Es gibt also ‘Fehlalarme’, die in unserem Körper ohne ernsthafte Bedrohung einen extrem hohen Stresspegel verursachen.
Die physiologischen Reaktionen, die uns im Falle von Gefahr in höchste Alarmbereitschaft versetzen sollen, um gegebenenfalls unser Überleben zu sichern, finden wir zum Beispiel bei Phobien oder Panikattacken und in Teilen auch in ‘normalen’ Stress-Situationen wieder.
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