Artikel 04/04/2018

9 typische Folgen psychischer Misshandlung

Team jameda
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„Irgendetwas scheint mit mir nicht zu stimmen.“ Viele Menschen kennen diesen Gedanken und die damit einhergehenden Gefühle von Unzufriedenheit und mangelndem Selbstvertrauen. Die Ursache dafür liegt oft in der Kindheit. In der westlichen Erziehung ist es immer noch üblich, Kinder nicht zu respektieren. Mit einseitigem Lob und Bestrafungen werden Kinder in eine bestimmte Richtung gedrängt, meistens im Sinne von Funktionieren und Liebsein.

Oft genug kommt ein psychischer Missbrauch hinzu. Eltern machen ihre Kinder zum Partnerersatz, lassen sich von ihnen emotional versorgen, binden sie mit einer umklammernden Liebe oder machen sie zu etwas ganz Besonderem, um ihrem Leben Glanz zu verleihen. So werden Kinder um ihr eigenes Leben betrogen und zum Opfer gemacht.

Welche Folgen kann psychischer Missbrauch haben?

Die psychischen Folgen sind verheerend. Das Kind gerät in einen neurotischen Konflikt mit massiven Auswirkungen auf das spätere Leben.

Um zu überleben, braucht das Kind die Nähe der Eltern. Also passt es sich an und unterwirft sich ihren Forderungen. Schmerzvoll verrät es sein Selbst. Dieses Ureigene ist aber nicht aus der Welt zu schaffen, sondern meldet sich immer wieder mit Wünschen, Bedürfnissen und Aggressionen, die jedes Mal aufs Neue abgewehrt werden müssen.

Hier ist die Ursache für die tiefe Verzweiflung, die viele Menschen fühlen. Manche beschreiben dieses Gefühl auch als inneren Terror oder abgrundtiefen Schmerz.

Von den negativen Gefühlen abgesehen, spielt der Konflikt im Unbewussten. An der Oberfläche zeigt er sich an Verhaltensweisen, die Arbeit und Beziehungen belasten und teilweise unmöglich machen. Die erlernte Opferhaltung hat in der Kindheit erfolgreich das Überleben gesichert und wird deshalb unbewusst beibehalten.

9 typische Verhaltensweisen von Betroffenen

Bei Menschen, die derart zum Opfer gemacht werden, lässt sich oft Folgendes beobachten:

  1. Sie leiden und klagen oft. Dahinter steckt der unausgesprochene Vorwurf aus der Kindheit: „Seht, was ihr mir angetan habt!“. Außerdem erzeugt das Leiden einen gewissen Lebensinhalt.
  2. Um auf Distanz zu bleiben, sind sie kritisch gegen alles und jedermann, was bis zu Vorwürfen und Schuldzuweisungen führen kann.
  3. Weil sie vielfach nicht zwischen respektvoller und missbräuchlicher Nähe unterscheiden können, bleiben sie lieber auf Abstand. Sie lassen sich ungerne ein und bleiben unverbindlich.
  4. Als Kinder mussten sie sich oft dankbar zeigen, auch wenn sie keine Dankbarkeit fühlten. Deshalb nehmen sie lieber nichts an.
  5. Weil sie kein oder wenig Mitgefühl erfahren haben, können sie kaum Mitgefühl für andere Menschen empfinden. Stattdessen neigen sie zu Selbstmitleid.
  6. Wie jeder Mensch übertragen sie ihre Erfahrungen unbewusst auf andere Lebenssituationen. So fühlen sie sich schnell abgelehnt und missachtet.
  7. Ein Teil ihrer Unzufriedenheit rührt daher, dass sie es nicht gelernt haben, in Gefühle und gute Aggressionen zu investieren. So bleibt ihr Leben oft unnötig blass.
  8. Es verwundert nicht, dass sie eher autoaggressiv bzw. masochistisch sind, manchmal sogar selbstmordgefährdet. Allerdings findet man auch einen unempathischen Sadismus.
  9. Süchte und alle möglichen Ablenkungen helfen ihnen, die unerträglichen Spannungen in ihrem Innern zu kompensieren. Oft genug zeigen sich diese Spannungen auch in psychosomatischen Beschwerden.

Mit diesen Verhaltensweisen bleiben die Betroffenen Gefangene im System der Unterwerfung und des Opferseins. Mit ihrer unadäquaten Auflehnung kämpfen sie gegen die ehemaligen Täter und bleiben so an sie gefesselt. Gleichzeitig erzeugen sie bei ihren Mitmenschen oft Ablehnung und reproduzieren so das alte Gefühl des Nicht-Verstanden-Werdens und des Ungewolltseins.

Was kann ich selbst tun?

Nun ist die Frage, wie man aus dem alten System austreten kann, das einst das Überleben sicherte. Der erste Schritt ist, die Zusammenhänge von ursprünglichem Opferwerden und dem Verharren im Opfersein zu verstehen. Dann kann man es wagen, Neues ins Leben zu lassen. Dazu gehört natürlich, ein Gespür für das Eigene zu entwickeln:

„Was mag ich und was mag ich nicht? Was sind meine Wünsche und Bedürfnisse und wie bringe ich sie in die Welt?“ Diese Fragen können helfen, innerlich autonom zu werden.

Genau zu überprüfen, was im Kontakt mit anderen Menschen passiert, gehört ebenso dazu: „Warum treffe ich mich mit wem in welcher Situation?“ Diese Frage kann aufdecken helfen, was man von anderen erwartet. Für eingespielte Beziehungen kann es hilfreich sein, die gewohnte Routine zu durchbrechen und sich bewusst mit dem Partner zu verabreden. Dabei lernt man immer besser zwischen nährenden und nicht so guten Beziehungen zu unterscheiden.

Sinnvoll ist auch zu überprüfen, wie andere Menschen reagieren. Oft sind sie keineswegs ablehnend, sondern empathisch und wohlwollend. Das muss man sich bewusst machen, um alte negative Erwartungsmuster aufzulösen.

Vor allem braucht es Geduld mit sich selbst, denn oft folgt auf zwei Schritten vorwärts ein Schritt zurück. Das ist richtig und gut, denn man muss sich rückversichern. Die Richtung stimmt ja.

Nicht zu ersparen bleibt, abgespaltene Gefühle von Schmerz, Trauer, Wut und Liebe zu durchleben. Es ist die Unterscheidung von Sein und Nicht-Sein. So bedrohlich sich dieser Prozess anfühlt, er holt unser wahres Selbst zurück ins Leben. Er befreit uns von falschem Selbstmitleid und öffnet uns für echte Menschlichkeit.

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